Ein Saurier unter den Kampfbahnen

Ein grauer Herbsttag in der vergangenen Woche gab mir die Gelegenheit, eine von mir schon lange als fotogen eingestufte Stätte aufzusuchen.

Im Nordosten der Hauptstadt befindet sich als Teil des Bezirkes Pankow der Ortsteil Weißensee. Zwischen Greifswalder Straße/Berliner Allee und der Prenzlauer Allee zerfleddert die Bebauung ein wenig, man passiert drei ausgedehnte Friedhöfe und steht alsbald vor einer weitläufigen Mischung aus Sportpark, Freilichtmuseum und Korrosion. Die „Sportanlage Rennbahnstraße“ beheimatete eines der größten Rennradstadien der DDR, erbaut 1955. In der Nachbarschaft zum Bezirk Hohenschönhausen ließ die Regierung in dem Radstadion Konzerte stattfinden, im Juni 1988 sogar das größte Rockfestival der DDR-Geschichte mit namhaften Gästen wie James Brown, The Wailers und Joe Cocker. Einen Monat später gab sich auch der Boss die Ehre und nach schwankenden Angaben wollten es sich bis zu 200.000 Menschen nicht nehmen lassen, dieses Spektakel mitzuerleben.

Nachdem 1990 die Rolling Stones das letzte große Schauspiel (inklusive aus den USA eingeflogener Bühne) geliefert hatten, wurde die Rennbahn abgerissen. Heute können auf dem Gelände fünf Fußballplätze, zwei Baseballplätze, ein „Tommy-Kindertobeland“, eine Skateanlage sowie ein Straßenparcours genutzt werden.

Die Sportanlage Rennbahnstraße besticht durch einen besonders morbiden Charme. Das Herzstück bildet zwar ein mit einigen Abstrichen noch Stadion zu nennendes Rasenfeld mit relativ modernem Kabinentrakt, auf welchem SV Blau-Gelb Berlin seine Heimspiele in der Landesliga austrägt. Doch die umgebenden Nutz- und Freiflächen verleihen der ganzen Anlage eine Heimeligkeit, wie man sie 2030 in Eisenhüttenstadt antreffen wird. Alles ist offen, unheimlich zugig, provisorische Erdwälle trennen einzelne Bereiche voneinander, überall findet sich sportkultureller Zivilisationsmüll (u. a. ein riesiger, aber durchgeschmorter Grill und 50 Meter durcheinandergedrehte Schläuche). Der Kabinentrakt für die restlichen Fußballplätze ist von Anno drölfzig und scheint seitdem seiner Sanierung zu harren.

In jedem Fall findet der geneigte Betrachter einige Motive, die also dargeboten werden sollen. Als positiv ist festzuhalten, dass wir das Ligaspiel, weswegen ich auf das Gelände aufmerksam wurde, nach hitzigem Kampf gewinnen konnten.

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SR XIIIAlle Fotos: © Florian Kuhne

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