Kleine persönliche Bandgeschichte von und mit Such A Surge – Teil III

Teil I // Teil II

Der dritte Teil hat ein wenig auf sich warten lassen, entschuldigt bitte. Eigentlich wollte ich Euch ja nur auf die Folter spannen, wie die Geschichte ausgeht. Und tatsächlich: Es gibt ein Happy End für alle Romantiker und solche, die es werden wollen.

Rotlicht (2003)

Bei Rotlicht merkte man irgendwie, dass das Seelenleben der Jungs sich verändert hatte. Inzwischen war die „Zehn Jahre“-Tour gelaufen (Dortmund: Soundgarden – Wahnsinn!) und die Band war angekommen. Nur wusste sie selbst scheinbar nicht genau wo. Das fünfte Album beinhaltete nur deutsche Texte. Dabei war es ja gerade ein Markenzeichen gewesen, Deutsch, Englisch, Französisch und anderes zu mischen. Diese Entscheidung enttäuschte mich ein bisschen, denn die Mischung steuerte in meinen Augen ihren Teil zum geordneten (musikalischen) Chaos von Surge bei, das mich so anzog. Doch es passte wie die Alben davor in mein Leben. Ich hatte das Abitur gemacht, war im Zivildienst und plante das Studium: mein letztes Jahr in Wuppertal war angebrochen. Noch einmal wurde aufgedreht, bevor sich dann auch über Jahre eingetretene Freundschafts-Wege trennten. Noch einmal schrieben sie angriffslustige Texte und harte Musik:

Ich weiß in Dir hat sich so einiges aufgestaut, hör das hier lieber laut,
wenn es Dir hilft das rauszulassen und Frust abbaut.
Lautstärkeregler auf 10, du musst voll aufdrehn,
die Augen schließen und tiefer in Dich hineinsehn.
Höhen raus, Bässe rein.
Der Ganze Frust wird danach wie vergessen sein.
Lass einfach alles hochgehn.
Das ist der richtige Zeitpunkt, alles steht tief im Benzin.
Du musst jetzt nur noch dafür sorgen, dass es richtig funkt.

Alles muss raus

Doch der Grundton des Albums war ruhiger und gesetzter. Die wilde, unbeschwerte Zeit (auch meine) ging vorbei und genau deswegen trafen Such A Surge meinen Nerv ein weiteres Mal. Vielleicht sprachen sie auch wirklich explizit für sich mit „Keinen Schritt weiter“. Denn ich war ja eher auf dem Sprung als keinen Schritt weiter. Ein neuer Abschnitt stand an und Ballast wollte ich eigentlich nicht mitschleppen. Obwohl man es ja doch immer wieder tut.

Wegbereiter, ihr entfernt euch immer weiter,
um in der Masse unterzugehen als Außenseiter.
Schritt für Schritt, einen vor, zwei zurück.
Umkrempeln geht nicht mehr, zu lang war der Weg bis hierher.
Alles muss schneller gehen, ihr seid schon fast da.
Auf keinen Fall umdrehn, ihr seid schon fast da.
Ihr glaubt man kann es schon sehn, ihr seid schon fast da.
Ihr nehmt alles mit, auch wenn es nur Ballast war.

Ein Beispiel für die Allgegenwart von Such A Surge ist „Augenblick“. Mit dem Mountainbike bezwang ich dieses Jahr in den Alpen allein einige Höhenmeter. Eine Strecke wand sich unendlich den Berg hinauf, mehrere Kilometer staubige, steinige Steigung. Ich hörte Musik und kurz vor dem Gipfel begann das Lied. Ich kletterte weiter und in dem Moment des höchsten Glücks, ganz oben, aber ohne jemanden, um teilen zu können, sang Oli mir in die blutdurchpulsten Ohren:

Es ist genau dieser Augenblick,
den ich eigentlich mit dir teilen müsste denn er ist zu groß für mich.
Ich wünschte, du könntest sehn was ich grad seh,
ich würde alles dafür geben, dass du mitkommst wohin ich geh.

Alpha (2005) (Nuclear Blast)

Das sechste war das letzte Album der großen und unerreichten Gruppe. Sie blieb dem schrabbeligen Rock treu bis zuletzt, doch hört man die gestiegene Professionalität. Auch wurde zuletzt mehr gesungen als geschrien oder gerappt. Die Platte (in diesem Fall wirklich Platte) hatte wieder einen englischen Song, doch irgendwie waren die große Kraft, die Gewalt, der Elan des Beginns verloren gegangen. Mit „Mission erfüllt“ gab es Kritik an den Nahost-Kriegen, mit „Ok“ wurde noch einmal die Gesellschaft ins Visier genommen („Ihr seid doch alle völlig abgedreht – Macht was ihr wollt, ohne mich“). Das, was mich anfangs so angezogen, ja fasziniert hatte, war sowohl bei SAS als auch bei mir von anderem verdrängt worden. Ich trauerte zwar ehrlich, als die Band ihre Auflösung bekannt gab und genoss das letzte Konzert wie keines davor, doch konnte man auch beruhigt sagen: „Jetzt ist gut“. Insofern bin ich froh, dass sie es nicht so gemacht haben wie andere Gruppen, die wieder und wieder aufgetreten sind, um noch und noch eine Mark zu machen. Das wurde zwar angekündigt, aber nie ausgeführt:

Wir holen uns zurück was uns gehört
Wir haben so oft danach gefragt
Man hat uns leider nie zugehört
Ich will eure Hände oben sehn
Das ist ein Überfall
Spielt heute lieber nicht den Helden sonst knallt’s
Wir sind alt und brauchen das Geld

Überfall

Zuletzt möchte ich mit positiven Gefühlen diese Kapitel beenden. Ein Lied dieses Albums hat sich nämlich nachhaltig in mein Hirn gedrängt und ist dort, wie so viele andere von SAS, geblieben. Immer dann, wenn ich besonders herrliche Laune habe, der Tag gut läuft, irgendwas Schönes passiert oder der WSV endlich mal wieder siegt, kommen mir folgende Zeilen in den Kopf:

Heute ist einer von diesen Tagen an denen nichts daneben geht
und ich schon früh am Morgen mit einem Lächeln aufsteh,
irgendwie besser als sonst ausseh,
kein Grund mies drauf zu sein, der reinste Sonnenschein.
Im Radio laufen auf einmal nur noch gute Songs
und gute Nachrichten, nur noch was man gerne hört

Irgendwie trau ich meinen Augen nicht,
es war lange dunkel, jetzt kommt ein Licht.
Das ist heute mein Tag, auf jeden Fall mein Tag.
Kann so was wirklich sein, eigentlich nicht,
ich lehne mich zurück, genieß die gute Aussicht,
das ist heute mein Tag, auf jeden Fall mein Tag.

Mein Tag

 

Ich hoffe, Euch einen guten Überblick, spannenden Einblick und vielleicht ja auch verklärten Rückblick zu Such A Surge gegeben zu haben. Rockt On und:

Das Leben ist grausam.
Aber die Musik wird dir immer ein Freund sein.
Alles andere lässt dich im Stich.

Black flat pill

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